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Private Veräußerungsgeschäfte – oder Rückabwicklung?

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Die Regelung des § 23 EStG findet keine Anwendung bei der Rückabwicklung eines Anschaffungsgeschäfts.

Private Veräußerungsgeschäfte (§ 22 Nr. 2 EStG) i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG sind Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung von Grundstücken oder ihnen gleichgestellten Rechten nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Es handelt sich hierbei um einen sog. gestreckten Steuertatbestand, dessen Verwirklichung mit der Anschaffung des Wirtschaftsgutes beginnt und mit dessen Veräußerung endet.

Als Anschaffung und Veräußerung werden im Regelfall der entgeltliche Erwerb und die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsgutes auf eine andere Person aufgefasst. Darüber hinaus können aber auch andere marktoffenbare Vorgänge als Veräußerung i.S. von § 23 Abs. 1 EStG zu beurteilen sein. Demgegenüber liegt eine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht vor, wenn sich das ursprüngliche Anschaffungsgeschäft lediglich in ein Abwicklungsverhältnis verwandelt. Denn die Herausgabe des zuvor angeschafften Wirtschaftsgutes stellt hierbei keinen gesonderten marktoffenbaren Vorgang, sondern nur einen notwendigen Teilakt im Rahmen der Rückabwicklung dar.

Für die Berechnung des Zeitraums zwischen Anschaffung und Veräußerung ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs grundsätzlich der Zeitpunkt maßgebend, in dem der obligatorische (Kauf-)Vertrag abgeschlossen wird; allerdings kann auch schon vor Abschluss eines notariell beurkundeten Kaufvertrages wirtschaftlich der Vollzug eines Erwerbs gegeben sein. Dies setzt voraus, dass dem Erwerber bereits zu diesem früheren Zeitpunkt wirtschaftliches Eigentum an dem Objekt -bei Grundstücken regelmäßig durch Übergang von Gefahr, Nutzen und Lasten- übertragen wird.

In steuerrechtlicher Hinsicht liegt bereits in dem Abschluss des obligatorischen Grundstückstauschvertrages eine „Anschaffung“ der genannten Wirtschaftsgüter i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Mit der Abgabe seiner Rücktrittserklärung hat sich das ursprüngliche, auf die Verschaffung des Eigentums an den Grundstücken gerichtete (und insoweit auch in vollem Umfang vollzogene) Vertragsverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis verwandelt (§ 346 Abs. 1 BGB). Der Rücktritt betrifft -in zivilrechtlicher Hinsicht- nur das schuldrechtliche Verpflichtungsverhältnis; demgegenüber bleiben zur Erfüllung schuldrechtlicher Verpflichtungen vorgenommene (dingliche) Verfügungen in Kraft und müssen durch gegenläufige Verfügungen rückabgewickelt werden. In steuerrechtlicher Hinsicht folgt hieraus, dass mit der (tatsächlich durchgeführten) Rückabwicklung eines Anschaffungsgeschäfts kein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwirklicht wird; denn die Herausgabe des zuvor angeschafften Wirtschaftsgutes ist keine Veräußerung im Sinne der genannten Vorschrift. Dies gilt erst recht, wenn die Rückabwicklung trotz eines titulierten Anspruchs nicht durchgeführt wird.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 16. Juni 2015 – IX R 21/14


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