Bei der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung einer fondsgebundenen Lebensversicherung nach Widerspruch gemäß § 5a VVG a.F. muss sich der Versicherungsnehmer auch erhebliche oder vollständige Fondsverluste bereicherungsmindernd anrechnen lassen.
Die Versicherungsnehmer – deren Widerspruchsrecht mangels ordnungsgemäßer Belehrung ungeachtet des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. fortbestand – können in einem solchen Fall nicht die Rückzahlung der von der Versicherungsgesellschaft in den Fonds investierten Sparanteile der Prämien gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen.
Allerdings hat die Versicherungsgesellschaft auch hinsichtlich der Sparanteile im Sinne von § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB etwas erlangt. Ein Bereicherungsanspruch der Versicherungsnehmer entfällt nicht schon dadurch, dass die Versicherungsgesellschaft die Sparanteile nach den Vorgaben der Versicherungsnehmer angelegt hat. Dies ändert nichts daran, dass die Zahlungen der Versicherungsnehmer eine Vermögensmehrung der Versicherungsgesellschaft bewirkten. Die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten erstreckt sich nach herrschender Meinung nicht auf das, was der Bereicherungsschuldner durch besonderen Vertrag an Stelle des ursprünglich Erlangten einhandelt. Der Bereicherungsschuldner hat in einem solchen Fall vielmehr gemäß § 818 Abs. 2 BGB lediglich den objektiven Wert des erlangten Gegenstandes zu ersetzen.
Allerdings greift der von der Versicherungsgesellschaft erhobene Einwand der Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB durch. Die Versicherungsnehmer müssen sich bereicherungsmindernd anrechnen lassen, dass der Fonds, in dem die Sparanteile der von ihnen gezahlten Prämien angelegt worden sind, Verluste erwirtschaftet hat.
Vermögensnachteile des Bereicherungsschuldners sind nur berücksichtigungsfähig, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise adäquatkausal auf der Bereicherung beruhen. Die Fondsverluste sind insoweit adäquatkausal durch die Prämienzahlungen der Versicherungsnehmer entstanden, als die Sparanteile der Prämien vereinbarungsgemäß in dem Fonds angelegt worden sind.
Weiterhin kommt es in Fällen bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung von nicht zustande gekommenen oder unwirksamen Verträgen darauf an, inwieweit das jeweilige Entreicherungsrisiko nach den Vorschriften zu dem fehlgeschlagenen Geschäft oder nach dem Willen der Vertragsschließenden jeweils der einen oder anderen Partei zugewiesen sein sollte.
Das Verlustrisiko aus der Anlage der Sparanteile kann – wie der Bundesgerichtshof bereits mit Urteil vom 11.11.2015 entschieden hat – nicht mit Blick darauf, dass der Lebensversicherungsvertrag nach dem wirksam erklärten Widerspruch rückwirkend (ex tunc) und nicht erst ab der Widerspruchserklärung (ex nunc) rückabzuwickeln ist, dem Versicherer auferlegt werden. Im Falle der Leistungskondiktion gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sind die rechtsgrundlos erlangten Leistungen grundsätzlich ab dem Zeitpunkt ihres Erhalts zurückzugewähren. Danach sind bei der Rückabwicklung eines von Anfang an nicht wirksam zustande gekommenen Versicherungsvertrages sämtliche gezahlten Prämien zu erstatten. Nach dem zum Ausdruck kommenden Willen der Vertragsparteien ist das Verlustrisiko hier den Versicherungsnehmern zugewiesen. Bei der fondsgebundenen Lebensversicherung entscheidet sich der Versicherungsnehmer für ein Produkt, bei dem die Höhe der Versicherungsleistung – abgesehen von der Todesfallleistung – nicht von vorneherein betragsmäßig festgelegt ist, sondern vom schwankenden Wert des Fondsguthabens abhängt. Die mit Gewinnchancen, aber auch mit Verlustrisiken behaftete – Kapitalanlage ist für den Versicherungsnehmer neben der Risikoabsicherung ein wesentlicher Gesichtspunkt, wenn er sich für eine fondsgebundene Lebensversicherung entscheidet. Dies rechtfertigt es grundsätzlich, ihm das Verlustrisiko zuzuweisen, wenn der Versicherungsvertrag nicht wirksam zustande kommt und rückabgewickelt werden muss.
Dem steht der mit der richtlinienkonformen Auslegung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. bezweckte Schutz des Versicherungsnehmers nicht entgegen. Dem europarechtlichen Effektivitätsgebot widerspricht es nicht, wenn der Versicherungsnehmer auch nach Ablauf der Jahresfrist des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a.F. dem Zustandekommen des Versicherungsvertrages widersprechen kann, aber Fondsverluste tragen muss. Dies hat der Bundesgerichtshof bereits für den Fall entschieden, dass die Verluste nur einen geringen Teil der Sparanteile ausmachen.
Nichts anderes gilt, wenn die Fondsverluste mehr als nur einen geringen Teil der Sparanteile der Versicherungsprämien ausmachen oder sogar ein Totalverlust in Rede steht. Auch bei dieser Konstellation ist es mit dem europarechtlichen Effektivitätsgebot vereinbar, dem nicht oder nicht ordnungsgemäß über das Widerspruchsrecht belehrten Versicherungsnehmer das Entreicherungsrisiko nach der nationalen Bestimmung des § 818 Abs. 3 BGB zuzuweisen.
Der europarechtliche Grundsatz der Effektivität verlangt, dass die innerstaatliche Rechtsordnung die Durchsetzung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren darf. Demgemäß darf die Anwendung einer nationalen Vorschrift – wie hier des § 818 Abs. 3 BGB – die Wirksamkeit und die einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in den Mitgliedstaaten nicht beeinträchtigen. Die Auslegung des innerstaatlichen Rechts ist hierbei ausschließlich Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten, die prüfen müssen, ob eine einschlägige nationale Regelung dem Erfordernis der Effektivität genügt.
Selbst bei erheblichen oder vollständigen Fondsverlusten beeinträchtigt die Anwendung des in § 818 Abs. 3 BGB normierten Grundsatzes des Wegfalls der Bereicherung, der seinerseits auch zur Unionsrechtsordnung gehört, weder die Wirksamkeit noch die einheitliche Anwendung der – hier maßgeblichen – Richtlinie 2002/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.11.2002 über Lebensversicherungen. Dem nicht oder nicht ordnungsgemäß belehrten Versicherungsnehmer wird die Ausübung des Widerspruchsrechts auf der Grundlage der richtlinienkonformen Auslegung gemäß dem BGH-Urteil vom 07.05.2014 nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert, wenn er im Rahmen der Rückabwicklung des Vertrages bei ungünstiger Fondsentwicklung entsprechende Verluste hinnehmen muss.
Hierdurch wird der Zweck der Richtlinie Lebensversicherung, eine genaue Belehrung des Versicherungsnehmers über sein Lösungsrecht vor Abschluss des Vertrages sicherzustellen, nicht berührt. Die Richtlinie Lebensversicherung verfolgte nach ihrem 52. Erwägungsgrund – wie schon die Dritte Richtlinie Lebensversicherung (Richtlinie 92/96/EWG des Rates vom 10.11.1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (Lebensversicherung) sowie zur Änderung der Richtlinien 79/267/EWG und 90/619/EWG ) nach deren 23. Begründungserwägung – das Ziel, dem Versicherungsnehmer vor Abschluss des Vertrages die Informationen zu verschaffen, die er benötigt, um den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auswählen und dadurch die ihm zur Verfügung stehende größere Auswahl von Verträgen im Rahmen eines einheitlichen Versicherungsmarkts voll nutzen zu können. Im Hinblick auf diese mit der Richtlinie Lebensversicherung angestrebte informierte Produktauswahl stellte ihr Art. 36 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang – III Buchstabe A Nr. a.13 sicher, dass der Versicherungsnehmer insbesondere über sein Rücktrittsrecht genau zu belehren war.
Die mögliche Verwirklichung der mit einer Kapitalanlage verbundenen wirtschaftlichen Risiken steht der mit der Richtlinie Lebensversicherung erstrebten selbstbestimmten und bedarfsadäquaten Vertragsentscheidung nicht entgegen. Weder die Richtlinie Lebensversicherung selbst noch das durch sie vorgegebene Vertragslösungsrecht bezweckten, den Versicherungsnehmer vor den allgemeinen Risiken zu schützen, die mit der von ihm im Zusammenhang mit der Lebensversicherung gewählten Kapitalanlage verbunden sind und unter anderem darin bestehen können, dass sich die Anlage ungünstiger entwickelt als erhofft. Der Versicherer genügte seinen durch Anhang – III Buchstabe A Nrn. a.11 und a.12 der Richtlinie Lebensversicherung vorgegebenen Informationspflichten bei fondsgebundenen Versicherungen nach Anlage D Abschnitt – I Nr. 2 Buchstabe e zum VAG in der bis zum 31.12 2007 geltenden Fassung des Gesetzes vom 29.08.2005 bereits durch Angaben über den der Versicherung zugrunde liegenden Fonds und die Art der darin enthaltenen Vermögenswerte. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur allgemeinen Beratung des Versicherungsnehmers über das Risiko eines finanziellen Misserfolgs einer derartigen Anlage erlegte die Richtlinie Lebensversicherung dem Versicherer nicht auf. Die Gefahr, dass sich seine Anlageentscheidung im Nachhinein als falsch erweist, soll wie üblich der Verbraucher selbst tragen.
Dem Versicherungsnehmer solche Risiken zuzuweisen, die untrennbar mit einer von ihm gewählten Kapitalanlage verbunden sind, begegnet auch nicht deshalb unionsrechtlichen Bedenken, weil bei unterbliebener oder unzureichender Widerspruchsbelehrung allein eine Rückwirkung des Lösungsrechts dem Effektivitätsgebot entspricht. Dies gebietet es nicht, dem Versicherer aus Risikoverteilungsgründen die Berufung auf eine – tatsächlich eingetretene – Entreicherung zu versagen. Die Rückwirkung bedeutet nur, dass das Geschäft zum Schutz des Versicherungsnehmers als von Anfang an unwirksam behandelt und daher nach bereicherungsrechtlichen Maßstäben rückabgewickelt werden muss, besagt aber nichts dazu, ob im Rahmen dieser Rückabwicklung – abweichend von den nationalen gesetzlichen Bestimmungen – dem Versicherer die Berufung auf den Grundsatz der Entreicherung versperrt ist. Das fordert auch das Gemeinschaftsrecht nicht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union widerspricht eine nationale Regel, die – wie hier § 818 Abs. 3 BGB – entsprechend den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts für einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechte Risikoverteilung zwischen den einzelnen Beteiligten eines rückabzuwickelnden Geschäfts sorgen soll, dem Unionsrecht auch dann nicht, wenn die Ausübung eines durch eine Richtlinie vorgegebenen Vertragslösungsrechts eine Wiederherstellung der ursprünglichen Situation bewirken soll. Dies gilt selbst dann, wenn dies bei einer Kapitalanlage zur Folge hat, dass der Verbraucher weniger als den Wert seiner Einlage zurückerhält.
Einer gerechten Risikoverteilung widerspräche vielmehr eine Verpflichtung des Versicherers zur Rückgewähr sämtlicher Prämien im Fall eines erheblichen oder vollständigen Fondsverlustes, weil dies zu einem Ungleichgewicht innerhalb der Gemeinschaft der Versicherten führte. Könnte sich der Versicherungsnehmer, dem nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Falle der Rückabwicklung etwaige Fondsgewinne zustehen, seines Anlagerisikos bei gesunkenem Fondswert jederzeit nachträglich einseitig entledigen, würde die Kapitalbasis des Versicherers zu Lasten jener Mitglieder der Versichertengemeinschaft geschwächt, deren Versicherungsleistung auch vom Geschäftsergebnis des Versicherers abhängt. Dies wäre unvereinbar mit dem für das Versicherungsrecht typischen Grundgedanken einer Risikogemeinschaft und damit des Ausgleichs der unterschiedlichen Interessen aller Versicherungsnehmer. Zudem führte dies zu einer finanziell günstigeren Lage nicht oder unzureichend belehrter Versicherungsnehmer und damit zu einer nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung mit den Versicherungsnehmern, die über ihr Widerspruchsrecht ordnungsgemäß belehrt wurden und deren Vertragslösungsrecht daher zeitlich begrenzt war.
Hingegen ermöglichen es die innerstaatlichen Rechtsvorschriften des Bereicherungsrechts im Sinne eines vernünftigen Risikoausgleichs, einerseits dem Versicherungsnehmer den mit der Anlage des Sparanteils in Fonds erzielten Gewinn als vom Versicherer gezogene Nutzung zukommen zu lassen, ihm andererseits aber auch die Folgen zuzuweisen, die sich aus den Risiken der von ihm gewählten Anlageform unmittelbar ergeben. Nur eine solche Risikoverteilung vermeidet eine grundlegende Störung des Äquivalenzverhältnisses des fehlgeschlagenen Geschäfts zu Lasten der Gemeinschaft der Versicherten und verwehrt dem Versicherungsnehmer eine risikofreie Spekulation dergestalt, dass er die Gewinnchance nutzt und Fondsverluste im Nachhinein zu Lasten der Versichertengemeinschaft beseitigt.
Wie die Revisionserwiderung zu Recht hervorhebt, entspricht es auch im Übrigen unionsrechtlichen Grundsätzen, einem Anleger durch Verbraucherschutzbestimmungen nicht die Möglichkeit einzuräumen, während der Dauer des Bestehens eines Vertragslösungsrechts die Entwicklung des von ihm erworbenen Finanzprodukts zu beobachten und entweder einen aus einer Kurssteigerung sich ergebenden Gewinn zu vereinnahmen oder, bei ungünstiger Entwicklung, von seinem Lösungsrecht Gebrauch zu machen und so den Eintritt eines Verlustes in jedem Fall zu vermeiden. Dies zeigt der durch Art. 6 Abs. 2 Buchstabe a der Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.09.2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG vorgegebene Ausschluss des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen über die Erbringung von Finanzdienstleistungen, deren Preis auf dem Finanzmarkt Schwankungen unterliegt, auf die der Anbieter keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können. Daraus wird deutlich, dass auch die Unionsrechtsordnung Spekulationen des Verbrauchers mittels eines Vertragslösungsrechts vorbeugen möchte.
Auch die Rüge der Revision, die Versicherungsnehmer seien durch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Versicherungsgesellschaft und die Verbraucherinformation lediglich über eine mögliche Wertminderung der gewählten Anlage durch Kursrückgänge und jedenfalls nicht ausdrücklich auch über die Möglichkeit eines Totalverlusts der Anlage aufgeklärt worden, dringt nicht durch. Hierbei bedarf es keiner Entscheidung durch den Bundesgerichtshof, ob dieser Gesichtspunkt überhaupt geeignet wäre, zu einer Verlagerung des Entreicherungsrisikos auf den Versicherer zu führen. Nach den vom Berufungsgericht in Bezug genommenen – und für das weitere Verfahren bindenden – Feststellungen des Landgerichts sind die Versicherungsnehmer bei der Wahl der Anlageform auf die mit ihr verbundenen erheblichen Risiken, unter anderem auch auf das Risiko des Totalverlustes hingewiesen worden.
Ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV sah der Bundesgerichtshof nicht als veranlasst an. Der Streit darüber, ob sich der Versicherer gegenüber einem nicht oder nicht ordnungsgemäß über sein Vertragslösungsrecht belehrten Versicherungsnehmer einer fondsgebundenen Versicherung wegen erheblicher Fondsverluste auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, wirft keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts auf, die nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. März 2018 – IV ZR 353/16